Das Leben von Ovidiu Vuia

 

 

Am 18. März 1929 wurde Ovidiu-Filip Vuia als einziger Sohn des Juristen und Zeitungsverlegers Tiberiu Vuia und der Erzieherin Veturia Vuia geb. Bixa geboren. Die Ehe der Eltern wurde geschieden, als er vier Jahre alt war.

Im Oktober 1935 wurde er in der Grundschule in Arad eingeschult und wechselte 1939 zum Lyzeum, in Deutschland dem Gymnasium vergleichbar. Dieses schloß er mit dem Reifezeugnis ab.

Er schrieb sich zuerst an der Universität im Fach Kunst und Kunsthistorik ein, merkte dann aber bald, daß er in diesem Studium mit dem herrschenden kommunistischen Regime nicht glücklich werden würde. Es wurde schnell deutlich, daß er wohl nie nach Italien - seiner wirklich großen Liebe - Frankreich oder Spanien reisen können würde.
Er wechselte zur Medizin in der Annahme, dass die Politik dort keine Rolle spielen würde. Er tauschte den Studienplatz mit seinem Freund Ion Piso, der ein weltweit bekannter Tenor wurde und auch lange Zeit in Deutschland lebte. Dort trafen sich die beiden 1975 durch einen Zufall wieder.
Das Studium der Medizin begann er 1948 an der Universität in Cluj-Napoca und schloß es 1954 mit "summa cum laude" ab. Wie es in Rumänien nach Abschluß des Studiums üblich war, arbeitete er als Dorfarzt. Aufgrund seines guten Abschlusses mußte er diese Tätigkeit jedoch lediglich ein halbes Jahr statt normalerweise eines ganzen Jahres ausüben.
Ion Piso

 

Er begann im März 1955 als Assistenzarzt an der Universität Cluj und wurde schnell Leiter des neuropathologischen Labors der neurologischen Klinik. Im Mai 1962 ging er als wissenschaftlicher Mitarbeiter zur neuropathologischen Abteilung des neurologischen Instituts der rumänischen Akademie in Bukarest.

 

Durch seine sehr zahlreichen und umfangreichen Publikationen auf dem Gebiet der Neuropathologie wurde das Max-Planck-Institut in München auf ihn aufmerksam; er erhielt ein Stipendium. Von Januar 1970 bis April 1971 war er Stipendiat am Max-Planck-Institut in München und konnte in dieser Zeit auch seiner immer noch andauernden Liebe zur Kunst nachgehen, indem er Italien, Spanien und Frankreich bereiste.

Nachdem sein Stipendium ausgelaufen war, drängte man ihn, eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Neuropathologie in Gießen anzunehmen. Dieses Institut wurde dort neu gegründet und man verfügte über keinen Neuropathologen. Man machte ihm viele Versprechungen und stellte ihm in Aussicht, dort mit einem Elektronenmikroskop arbeiten zu können, was in Rumänien schon aus Kostengründen nicht möglich gewesen wäre.
Diese Entscheidung bedeutete für ihn einen großen Gewissenskonflikt. In Bukarest wartete ein Institut auf ihn, dessen Leiter er inzwischen war; er hatte dort bereits promoviert und seine Eltern, Verwandten und Freunde lebten alle dort. Er würde also nie wieder in sein Land zurück und seine Eltern, Verwandten und Freunde sehen können. Ob es nun die Liebe zur Kunst und Italien insbesondere oder die Aussicht auf das Elektronenmikroskop war, das letztlich die Entscheidung für das Bleiben in Deutschland den Ausschlag gab, weiß man nicht. Er ließ sich jedenfalls überreden und trat die Stelle in Gießen an.

 

Hier erwarteten ihn jedoch die ersten Enttäuschungen. Zunächst wurde sein Doktortitel nicht anerkannt, er promovierte erneut, das fiel ihm leicht, aber die Enttäuschung wog dafür um so schwerer. Von einem Elektronenmikroskop war sodann nicht mehr die Rede. Um mit einem solchen zu arbeiten, mußte er immer in das pathologische Institut gehen, auf Anfrage und Bitten. Das hat sich bis zu seinem Ruhestand nicht mehr geändert. Hier fingen die ersten Kränkungen und Diskriminierungen an, die zur Folge hatten, daß er sehr stark an Heimweh litt. Er bekämpfte sein Heimweh und seine Frustration, indem er sehr viel arbeitete und auch zahlreiche wissenschaftliche Publikationen verfaßte. Mit diesem Fleiß machte er sich auch nicht gerade Freunde. Er hatte sehr schnell seinen Spitznamen weg, in dem man von dem "Schriftsteller" sprach.

 

 

Im Institut traf er dann auch auf seine spätere Ehefrau und Mutter seiner 2 Söhne.
Während der Ehe habilitierte er sich. Im Jahr 1979 wurde die Ehe geschieden.

Sie blieben aber bis zu seinem Tode freundschaftlich verbunden, schon im Interesse der Kinder.


In seinen zahlreichen Reisen nach Italien, Spanien, Frankreich, Griechenland und in die Türkei schöpfte er wohl die Kraft, die er zum Durchhalten brauchte. Er verarbeitete sein Heimweh und die Sehnsucht nach den Eltern in Gedichten. 1975 starb sein Vater. Er konnte nicht nach Hause, weil ihn in Rumänien 15 Jahre Haft erwarteten; man hatte ihn in Abwesenheit, wegen der Flucht aus Rumanien verurteilt. Als 1981 seine Mutter starb, wiederholte sich das Ganze. Seine Mutter durfte ihn 1976/1977 für ein Jahr besuchen. Sie durfte ihre Enkelkinder erleben. Über diese Zeit hinaus wurde ihr kein Aufenthalt mehr in Deutschland gewährt, weil man meinte, das sei kein "Besuch" mehr.

 

Nachdem Prof. Hager, der Leiter des Institutes für Neuropathologie, in den Ruhestand trat, wurde er kommissarischer Leiter des Instituts, bis es einen neuen Direktor bekam. Nach dieser Zeit wurde er wissenschaftlich und beruflich isoliert. Im Institut wurde nur noch seine Anwesenheit erwartet, und er hatte vielleicht für zwei Stunden in der Woche Arbeit. Hier fing er dann an, seine Bücher zu schreiben, um nicht zu verzweifeln. Die Wahl des Medizinstudiums wurde ihm zum Bumerang. In der Zwischenzeit hatte er auch die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen. Bis dahin galt er als staatenlos, weil er von den rumänischen Behörden, nachdem sein Paß abgelaufen war, keinen neuen bekommen hatte.

Vor diesem Hintergrund muß man seine Tätigkeit als Schriftsteller und Dichter sehen, der durch die Umstände bedingt, sehr in sich gekehrt und unglücklich war. Ovidiu Vuia hat inzwischen 14 Bücher verfaßt, wovon eine große Zahl Gedichtbände sind. Er befaßte sich bevorzugt mit dem Leben und dem Werk von Mihai Eminescu, dem berühmten rumänischen Dichter und Philosophen.

Sein Tod kam Ende September 2002 plötzlich und unerwartet. Die Todesursache konnte bis zuletzt nicht geklärt werden. Seinen Angehörigen, in erster Linie seinen Söhnen, bleibt nur noch die Aufgabe, sein Andenken in Ehren zu halten. Sein letztes Buch, das 14., das dreibändig ist, konnte er gerade noch fertigstellen. Die Manuskripte wollte er eigentlich am 3. Oktober 2002 nach Rumänien bringen, wo sich der Verlag befindet, der seine Bücher druckt. Verlegt hat er sie alle selbst. Eine Liste seiner Bücher ist im Anhang zu sehen. Seine Familie wird dafür sorgen, daß auch sein letztes Buch erscheint, so wie er es geplant hatte.

Die Trauerfeier für Ovidiu Vuia war am 28. März 2003 in Arad. die Urne wurde am 10. April 2003 seinem Wunsch entsprechend im Grab seiner Mutter in Arad beigesetzt.

 

Wir werden sein Andenken in Ehren halten.

Im Namen der Familie, seine Söhne:


Mihai Angelo Tiberiu Vuia
Alexander Gabriel Vuia